... und die Rückkehr wäre möglich gewesen
Die Ortschaft Döllersheim
Döllersheim, bereits seit dem Mittelalter im Besitz des Marktrechts, war mit 120 Häusern die größte der von der NS-Diktatur zur Errichtung eines Schießplatzes entsiedelten Ortschaften. Als Gemeinde-, Pfarr- und Schulort - sowie durch den Sitz zahlreicher Gewerbetreibender - war Döllersheim der Zentralort für die Versorgung der umliegenden Dörfer. Döllersheim war als haufendorfähnliche Straßensiedlung in einem muldenartigen Kessel am Fuße des Donaberges angelegt, in einem Tal an der Straße von Zwettl nach Horn. Auf einer Anhöhe erhebt sich die Kirche mit dem Friedhof, etwas unterhalb liegen der Pfarrhof und die Volksschule.
Abb. 267 Döllersheim vor 1935
Abb. 268 Eine Luftaufnahme vor dem Zweiten Weltkrieg: Döllersheim von Osten her.
Im Bild rechts (Norden) ist deutlich das Areal des Friedhofs, ganz im Westen ist links die Straße nach
Flachau und rechts die Straße nach Nieder-Plöttbach zu erkennen.
Abb. 269 Döllersheim von Westen, von der Straße nach Flauchau her, gesehen.
Die Straße kreuzt beim Spital (Mitte-links im Bild) die Hauptstraße . 1936
Abb. 270 Döllersheim, Spital und Kirche, 4. Juni 1906
Abb. 271 Döllersheim Hauptstraße, rechts das Geschäft von Josef Brandstetter
Abb. 272 Kirche, Schule und das k. k. Postamt von Döllersheim, vor 1915
Abb. 273 Der Hauptplatz von Döllersheim im Jahre 1916
Döllersheim ist ein sehr alter Ort, der als Tolersheim bereits um 1143 - zur Zeit der Klostergründungen von Stift Zwettl und Stift Altenburg! - in einer Urkunde Herzog Heinrichs von Bayern genannt wird. Die Burg der Herren von Döllersheim - ein Chunradus wird 1143, ein Rapoto 1272 erwähnt - stand vermutlich auf der Anhöhe neben der Pfarrkirche. 1426/27 wurden Ort und Kirche von den Hussiten zerstört und verbrannt. Dasselbe Schicksal erlitt Döllersheim in den Jahren 1619/1620, während des Dreißigjährigen Krieges, als es neben Rastenfeld und Peigarten von Landsknechten Wallensteins sowie sächsischen und nassauischen Truppen geplündert und gebrandschatzt wurde.
Abb. 274 Hauptplatz Döllersheim um 1910
Abb. 275 Hauptplatz Döllersheim um 1910
Abb. 276 Hauptplatz, 1927
Abb. 277 Döllersheim, 1906
Döllersheim gehörte als freies Eigen zum Besitz der Herren von Ottenstein, nur das Gericht war landesfürstliches Lehen. Zur Hebung des Wohlstands erwarb Siegmund von Lamberg auf Ottenstein am 18. April 1606 bei Kaiser Rudolf II. für Döllersheim das Marktrecht, 1751 erhielt der Ort eine steinerne Marktsäule.
Beweis für den hohen Stand des Gewerbes ist der Bau der barocken Schloßkapelle (1680) im Schloß Ottenstein durch Georg Wolf und Christoph Magloth aus Döllersheim. Der Tischlermeister Adam Liebisch war am Hochaltar und der für Rastenfeld
bestimmten Kanzel im Rokokostil beteiligt.
Abb. 278 Döllersheim vor 1938
Abb. 279 Döllersheim von Süden. An der Südseite der Volksschule (vor dem Kirchturm) sind beide
Eingänge und alle 20 Fenster zu erkennen.
Westlich des Ortes stand auf einem bewaldeten Hügel bis 1903 der Galgen, bestehend aus drei 5m hohen massiven, aus Stein gemauerten Säulen. Die Gerichtsstube befand sich im Gasthof Blauensteiner.
Die Schule ist in Döllersheim ab 1580 urkundlich nachweisbar, dürfte jedoch weit älter sein. 1672 beantragt der Pfarrer, daß eine neue Schule bei der Kirche gebaut werde,
die später mehrmals erweitert wurde. 1866 waren im Schulhaus preussische Soldaten einquartiert. Anton Prinz, einer Döllersheimer Lehrerdynastie entstammend, hatte u.a. Nikon Millet aus Lemberg und Maria Balatka aus Troppau als Lehrer an seiner Seite. 1887 wurden 141 Knaben und 162 Mädchen in drei Klassen unterrichtet. Grundbesitz besaß die Kirche in Döllersheim - laut Inventar von 1932 - nicht. Zum Pfarrhof jedoch gehörten etwas mehr als 12ha Äcker, Wiesen, Waldungen sowie Weingärten in Zöbing, Haindorf. Diese Weingärten, nicht im Entsiedlungsgebiet gelegen, müßten heute der Diözese St. Pölten gehören. Laienhaft könnte man sagen, daß die Pfarrpfründe Döllersheim zum Teil noch besteht.
Abb. 280 Gasthaus Peregrin Ramel in Döllersheim (Ansichtskarte)
Abb. 281 Döllersheim, Gasthaus Ramel; in: Festschrift zum 15. Zwettler Sommerfest, Juli 1984
Nach mehr als 800 Jahren wechselhafter Geschichte wird die Pfarre Döllersheim durch das NS-Regime wegen der Errichtung eines Schießplatzes für die Deutsche Wehrmacht ausgelöscht. Insgesamt 2.002 Menschen aus 419 Häusern wurden zwangsentsiedelt. Altes österreichisches Bauernland mit den Orten Döllersheim, Dietreichs, Söllitz, Heinreichs, Nieder-Plöttbach mit Fürnkranzmühle, Führerhof und dem Maderhof, Brugg, Flachau mit Bruggmühle, Steinmühle, Kernhäuser und Reithof, Waldreichs mit Patzlmühle, Loismühle, Schloteinmühle und der Josefinenhütte, Strones, Klein-Motten, Zierings und Schloß Ottenstein wird in ein Sperrgebiet zur Kriegsvorbereitung verwandelt.
Im Marktort Döllersheim hatte es am 15. Februar 1932 ganze 12 Nationalsozialisten gegeben, während es in der kleineren Ortschaft Groß-Poppen zu dieser Zeit schon 22 Nationalsozialisten gewesen waren. Noch im Jahre 1938 erfuhren auch die Döllersheimer, daß sie zur Zone 3 des Räumungsplanes gehörten. Deshalb hätten auch sie vor dem "Endsieg" mit der Aussiedlung zu rechnen. Die Orte Dietreichs und Söllitz, die zur Pfarre Döllersheim gehörten, befanden sich in Zone 1 und mußten bereits bis 5. August 1938 entsiedelt sein."
Abb. 282 Döllersheim vor 1924. Mehrere Wirtschaftsgebäude sind noch mit Strohdächern gedeckt
... die Herkunft verschleiern": Döllersheim und Adolf Hitler
In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte in dieser Gegend eine wohl sehr arme Frau namens Maria Anna Schickelgruber. 1796 wurde sie in Strones geboren und ist - noch recht jung - am 7. Jänner 1847 im Alter von 50 Jahren in Klein-Motten verstorben. Begraben wurde sie im Pfarrort Döllersheim. Sie war die Großmutter Adolf Hitlers. Am 7. Juni 1837 gebar sie in Strones Nr. 13 einen unehelichen Sohn namens Alois, der noch am selben Tag in Döllersheim getauft wurde. Fünf Jahre später heiratete sie den Müllergesellen Johann Georg Hiedler, der 1792 geboren war und bis 1857 lebte. Dieser legitimierte aber den vorehelichen Sohn seiner Frau zu Lebzeiten nicht. Der Sohn verbrachte seine Kindheit und Jugend auch nicht im Haushalt der Mutter, sondern auf dem Bauernhof des Johann Nepomuk Hiedler, eines Bruders seines Stiefvaters, in Spital bei Weitra.
Erst 19 Jahre nach dem Tode des Johann Georg Hiedler, am 6. Juni 1876, erschien dieser Ziehvater Johann Nepomuk Hiedler mit drei Zeugen, Bauern aus Spital, beim Notar Joseph Penker in Weitra und gab die Erklärung ab, der damals 39-jährige Aloys Schickelgruber sei der Sohn seines verstorbenen Bruders Johann Georg Hiedler, was der Notar beglaubigte. Am folgenden Tag kamen die vier Männer zu Pfarrer Joseph Zahnschirm nach Döllersheim, der den Namen Schickelgruber im Taufbuch durchstrich und durch "Hitler" ersetzte - die Schreibweise, die sich auch im Protokoll des Notars in Weitra findet.
Weiters füllte er die bis dahin leere Rubrik "Vater" mit Georg Hitler aus. Die drei Zeugen bekräftigten dies mit jeweils drei Kreuzen - sie konnten nicht schreiben. Unmittelbar danach ließ Aloys Schickelgruber seinen Namen in Hitler ändern. An diese Vorgangsweise wurden später verschiedene Theorien geknüpft. Eine der Theorien über Hitlers Abstammung bzw. über die Errichtung des Truppenübungsplatzes im Waldviertel basierte auf der Annahme, daß Adolf Hitler Vierteljude gewesen sei und die Spuren seiner Herkunft habe verwischen wollen. Dem wurde und wird entgegengehalten, daß die jüdische Abstammung reine Hypothese sei und in diesem Falle die Taufmatriken sicher nicht erhalten geblieben wären.
1889 entsprang der Ehe des nunmehr nach Braunau versetzten k.u.k. Zollbeamten Alois Hitler mit einer um 23 Jahre jüngeren Cousine - die er mit kirchlicher Sondererlaubnis heiratete - der Sohn Adolf: Adolf Hitler.
Adolf Hitler verdankt somit der Großzügigkeit eines niederösterreichischen Notars, daß er nach seinem Vater nicht Hiedler sondern Hitler hieß ..."Über die Herkunft war sich Hitler lebenslang unsicher. Seine Großmutter Anna Schickelgruber hatte 14 Jahre lang Alimente ihres jüdischen Dienstherrn Frankenberger erhalten. Das heißt, der Mann, der später mit dem Ariernachweis ein ganzes Volk zwang, nicht-jüdische Großeltern nachzuweisen, war unsicher, ob er nicht selbst einen jüdischen Großvater hatte." In der NS-Zeit wurde das "Döllersheimer Ländchen" als "Ahnengau des Führers" gefeiert, "Hitler-Eichen" wurden gepflanzt, der "Führer" mit Ehrenbürgerschaften geehrt. Kurz nach der Okkupation Österreichs durch das nationalsozialistische Deutschland wurde in diesem Gebiet der Truppenübungsplatz Döllersheim (heute Allentsteig) durch Zwangsentsiedlung angelegt. Adolf Hitler soll selbst Weisung gegeben haben: "Der Allentsteiger Bürgermeister und andere Illegale fuhren nach Übernahme der Amtsgeschäfte nach Berlin in die Reichskanzlei. Sie sprachen den `Führer´ auf seine Heimat an und daß es andere Gegenden gebe, die schlechter zu bewirtschaften seien als diese Gegend. Der `Führer´ ließ sich aber nicht erweichen: `Wir brauchen einen Wall gegen die Tschechei ...´"
Abb. 283
Abb. 284 Die Geburts- und Taufeintragungen von Aloys Schicklgruber (Davor: Anna Zinner, Strones 5; dnach Josef Seebrib, Ottenstein3)
Ohne Zweifel hat aber die Frage der väterlichen Abstammung (...) Hitler beunruhigt und "vielleicht gäbe es so manche Quelle zur Hitler-Forschung, wie etwa das Geburts- und Taufprotokoll der Pfarre Döllersheim, heute nicht mehr, wenn Frank die im Auftrag Hitlers durchgeführten Nachforschungen tiefschürfender betrieben hätte. Vieles läßt darauf schließen, daß Hitler seine Ahnen väterlicherseits nicht schätzte und an der Erhaltung ihrer engeren Heimat nicht interessiert war."
Jüngere Forschungen belegen, daß es sehr wohl Motive dafür gegeben hat, warum der Truppenübungsplatz gerade hier, in der Heimat von Hitlers Vorfahren, angelegt wurde: "Sitzungsbericht vom 14. August 1943 - Vorschlag 6 - ... zur Vorlage an den Führer angenommen: `Sofortige und bedingungslose Abschaffung sämtlicher Religionsbekenntnisse nach dem Endsieg ... mit gleichzeitiger Proklamierung Adolf Hitlers zum neuen Messias. (...) Der Führer ist dabei als ein Mittelding zwischen Erlöser und Befreier hinzustellen - jedenfalls aber als Gottgesandter, dem göttliche Ehren zustehen. Die vorhandenen Kirchen, Kapellen, Tempel und Kultstätten der verschiedenen Religionsbekenntnisse sind in `Adolf Hitler Weihestätte´ umzuwandeln. (...) Als Vorbild des Gottgesandten möge die Figur des Gralsritters Lohengrin dienen (...) Durch entsprechende Propaganda müßte die Herkunft des Führers noch mehr als bisher verschleiert werden, so wie auch sein künftiger Abgang einmal spurlos und in vollständiges Dunkel zu erfolgen hätte.´ Unter diesen Vorschlag schrieb Hitler:`Der erste brauchbare Entwurf! Zur Bearbeitung an Dr. Göbbels´"
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... und über das Gebiet rund um Döllersheim: www.allentsteig.at www.walthers.at