Kommentar zu Groß-Poppen heute:

Unser Bundesheer hat seit 1961 aus der noch rettbaren Kirchenruine in Groß-Poppen eine Schuttgrube gemacht.

Manche Unteroffiziere empfinden Reue, die Offiziere kaum. Nur Oberstleutnant Oberleitner (er war voll ausgebildeter Theologe) hat mir am 12. August 1984 an Ort und Stelle gesagt, dass dies eine Sauerei war. Der  Friedhof in Groß-Poppen erfuhr das gleiche Schicksal, er hatte dieselben Mörder. Bei unserer Begehung fielen Oberleitner und ich in Granattrichter und stürzten über Erdaufwürfe am Friedhof. Nicht nur mit ihm,  sondern 1995 auch mit Unteroffizieren legten wir zerschossene Grabeinfassungen frei oder entdeckten auf einem Grab Teile einer Grabeinfassung, die von einem anderen Grab hierher geschleudert wurden.

Auf dem Friedhof in Groß-Poppen müßten Archäologen arbeiten. Auch Teile von zerschossenen Grabsteinen sind zu finden. Mit zwei Unteroffizieren fand ich 1995 den Opferstock, der sich im Sockel der einstigen  Mariensäule fand, auch die Eisentüren vom Friedhofeingang waren unter dem Schutt.

Frau Schiller, die heute in Allentsteig lebt, durfte im ehemaligen Weinkeller ihres zerstörten Elternhauses in Groß-Poppen eine Gedenkstätte, ein Ersatzgrab, einrichten. An schießfreien Tagen darf sie mit einer  kleine Gruppe in den Keller gehen.

Gedenkstätte der ehemaligen Pfarre Groß-Poppen für alle Verstorbenen und Gefallenen

Die Gedenkstätte von Frau Schiller im ehemaligen Weinkeller ihres zerstörten Elternhauses in Groß-Poppen. Auf dem von Grün überwucherten Hügel befinden sich  die Ãœberreste von Pfarrkirche, Friedhof und Schloß Groß-Poppen. Die blau bzw. weiß blühenden Lupinen wurden erst in der Zeit des 2. Weltkriegs und danach in der  entweihten Heimat heimisch gemacht wurden. (Foto Fritz Schiller, Juni 1999)

Der Eingang zur Gedenkstätte im Keller des ehemaligen Gasthauses Schäffer-Floh, dem Elternhaus von Elfriede Schiller. Der Holzvorbau soll einen gewissen Schutz vor  Granattreffern bieten. Am Horizont ragen aus dem üppigen Grün die letzten zerschossenen Reste von Pfarrkirche, Friedhof und Schloß Groß-Poppen.
(Foto Fritz Schiller, Juni 1999)

Das Ehepaar Alois und Elfriede Schiller im Keller des Gedenkens in Groß-Poppen - rechts Kreuz, Kerzen und Blumen (Foto Fritz Schiller, Juni 1999)

Die Artilleriegranaten machten den Keller immer kleiner und beschädigten auch das Gewölbe, sogar das Kreuz im Keller erhielt Schußwunden.

Im derzeitigen Tüpl-Kommandanten Bdgr Franz Teszar sind Ansätze von Oberst Oberleitner vorhanden. Durch das Lesen meines Buches ist er sensibler geworden. Deshalb schützte er den Eingang des Kellers  mit einer Art Panzersperre.

Vor einiger Zeit wurde der Keller unter dem Schloß von Groß-Poppen wiederentdeckt. Am 26. Oktober 1998, dem Staatsfeiertag, fragte mich ein beliebter Unteroffizier, ob es den Keller unter dem Schloß noch  gebe. Ich antwortete ihm, daß ich in den Jahren 1984/85 das Ziegelgewölbe, das sich über den Stufen zum Keller befand, fotografiert hatte. Einige Jahre später wurde dieses Gewölbe durch  Beschuß zerstört. Im Herbst 2001 erfuhr ich, daß vor einiger Zeit Granaten in den Schutt des Ziegelgewölbes eingeschlagen hätten und damit den Zugang zum Keller wieder freigelegt hätten. Der Unteroffizier  erzählte mir, daß der Keller inspiziert wurde und noch unversehrt ist. Bei dieser Gelegenheit möchte ich alle Offiziere warnen, das noch intakte Kellergewölbe des Schlosses von Groß-Poppen mit hochmodernen  Waffen zum Einsturz zu bringen – die Mauerreste des Schlosses werden ja noch immer beschossen und den Soldaten wird vorgelogen, das Schloß sei ein Kloster gewesen. Der genannte Unteroffizier sagte  zu mir: Wir wüßten vieles nicht, wenn wir Ihr Buch nicht hätten.

KR GR Pfarrer Johannes Müllner

 

Das Inventar der Pfarre Groß-Poppen

Die jüngeren Matrikenbücher von Groß-Poppen befinden sich in der Pfarrkanzlei in Allentsteig, die älteren Matrikenbücher und die Archivalien sind im Diözesenarchiv in St. Pölten, ebenso die  Pfarrchronik. Von den drei Turmglocken kamen zwei auf den Turm der damals neu erbauten Pfarrkirche in St. Pölten-Wagram, mussten aber schon am 5. März 1942 für Kriegszwecke abgenommen werden. In der  Pfarrkirche St. Pölten-Wagram fand Pfarrer Müllner im September 1997 unerwartet viel Inventar von der Pfarrkirche in Groß-Poppen vor: eine Monstranz, ein kleines Ziborium, einen Meßkelch, zwei weiße,  zwei grüne, zwei rote, zwei violette und zwei schwarze jeweils barocke Meßkleider. Pfarrer GR Karl Permoser schenkte ihm davon ein rotes und ein schwarzes Meßkleid für die Aussiedler.

Die Monstranz aus der Pfarrkirche Groß-Poppen auf dem Volksaltar der Pfarrkirche in St. Pölten-Wagram, im Hintergrund die Glasfenster im Presbyterium der um 1940 erbauten Kirche.

Die wertvolle Monstranz von Groß-Poppen im Tabernakel der Pfarrkirche von St. Pölten-Wagram. Die Monstranz dürfte von Joachim Graf Windhag gestiftet worden sein.

Auch das große Ziborium (aus der Zeit vor 1643) aus der ehemaligen Pfarrkirche Groß-Poppen befindet sich in der Pfarrkirche St. Pölten-Wagram.

Meßkleid aus Groß-Poppen

Meßkleid aus Groß-Poppen, das Pfarrer Müllner vom Pfarrer von St. Pölten-Wagram im September 1997 geschenkt erhielt.

Altarglöcklein, Weihwasserbehälter und Weihrauchfaß aus Groß Poppen, heute in St. Pölten-Wagram

Die Mariensäule vom Friedhof in Groß-Poppen befindet sich – gekoppelt mit dem Sockel der Mariensäule in Edelbach – auf dem Areal der Martinek-Kaserne in Baden. Der Opferstock aus Granit, der  im ziegelgemauerten Sockel der Mariensäule auf dem Friedhof in Groß-Poppen war, wurde von Pfarrer Müllner und zwei Unteroffizieren am 20. August 1995 aufgefunden und ausgegraben und befindet sich  leider nicht im Aussiedlermuseum, sondern noch immer bei der Bundesbaudirektion (früher BGV) in Allentsteig.

Eine Glocke von der Kapelle in Schlagles befindet sich auf dem Kirchturm in Schwarzenau.
Ja, Sie sind heute noch zu hören, die Glocken aus dem Entsiedlungsgebiet!

Die Orgel von Groß-Poppen, erbaut von der Firma Kaufmann, wurde noch kurz vor der Aussiedelung für die bevorstehende Firmung mit Diözesanbischof Michael Memelauer renoviert. Noch im Jahr der  Entsiedelung, 1938, wurde sie in die Prandtauerkirche zu St. Pölten, die an der südwestlichen Ecke des Domplatzes gelegen, gebracht. Es ist dies die ehemalige, 1808-1712 errichtete Klosterkirche der  Karmeliterinnen Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel, 1782 wurde das Kloster unter Joseph II. aufgehoben und profanen Zwecken zugeführt. Am 25. November 1934 wurde die Kirche nach der  Wiederherstellung von Bischof Memelauer wieder geweiht und für Gemeinde-, Schul- und Garnisonsgottesdienste besonders gewidmet. Wie auch der Kirchenführer verzeichnet, wurde „die ursprüngliche Orgel  aus der aufgelassenen Pfarre Groß-Poppen im Tüpl Döllersheim 1938 in die Prandtauerkirche gebracht.

St. Pölten, Prandtauerkirche. Seit 1938 birgt sie die Orgel der entsiedelten und zerstörten Ortschaft Groß-Poppen.

St. Pölten, Prandtauerkirche. Innenansicht, Februar 2002

St. Pölten, Prandtauerkirche. Auf der Empore befindet sich seit 1938 die Orgel von Groß-Poppen. Die Ortschaft wurde bei der Errichtung des Truppenübungsplatzes Döllersheim entsiedelt, Kirche, Schloß und  alle Häuser wurden durch Artilleriebeschuß bis in die Gegenwart völlig zerstört. Foto Februar 2002

St. Pölten, Prandtauerkirche. Prospekt der Orgel aus der Pfarrkirche von Groß-Poppen. Foto Februar 2002

 

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