(HHStA, Franziszäische Landesaufnahme 1825)

Vermutlich verließ Walther von der Vogelweide bereits in jungen Jahren seine Heimat und sah sie jahrzehntelang nicht wieder. In dieser Zeit entstand in der Vogelweide der aus wenigen Häusern bestehende Weiler Perweis (im Bilde unten zu sehen), wobei umfangreiche Rodungen in Teilen der Vogelweide bis an den Ortsrand des Dorfes WALTHERS Nr. 3 (im Bild oben angedeutet) erfolgten.

Als Walther kurz vor seinem Lebensende noch einmal seine mutmaßliche Heimat besuchte, erkannte er sie nicht wieder. Ein großer Teil der Vogelweide, in der er wahrscheinlich mit seinen Spielgefährten Kindheit und Jugend verbracht hatte, war gerodet, graue Felder und armselige Bauernhütten beherrschten hier nun die Gegend.

Die ganze Trostlosigkeit dieser Situation kommt in Walthers ergreifender sogenannter „Elegie“ zum Ausdruck, für die er das typisch österreichische Nibelungenlied-Versmaß verwendete. Dieses eigentlich als Kreuzzugsaufruf geschaffene Werk war schon immer aufgrund seiner autobiographischen Versstellen – vor allem der Schilderung der „bereiteten Felder und des verhauenen Waldes“ – für die Walther-Forschung besonders interessant.

 O weh, wie schnell sind doch entschwunden - all meine Jahr
 hab ich mein Leben geträumet - oder ist es wahr?
 was ich je dachte, dass es wäre - war es das nicht?
 hab ich so lang geschlafen - und weiss es nicht?
 Nun bin ich erwachet - doch ist mir unbekannt
 was einst vertraut mir war - wie meine eigne Hand.
 Leute und Land - da ich von Kinde bin erzogen,
 die sind mir fremd geworden - als wäre es gelogen.
 Die meine Gespielen waren - sind nun träge und alt,
 bereitet ist das Feld - verhauen ist der Wald ...
(L 124,1-10 )

Nur wenige Jahre nach diesem Gedicht dürfte Walther gestorben sein. Zugleich hatte aber auch der langsame Niedergang seines mutmaßlichen Heimatdorfes eingesetzt und um 1350 war WALTHERS Nr. 3 schon völlig verödet. Die an das Dorf angrenzende umfangreiche Vogelweide befindet sich heute praktisch zur Gänze im Truppenübungsplatz Allentsteig.

 

 

 

Diese Kartenskizze zeigt, dass alle drei „Walthers-Dörfer“ tatsächlich mehr oder weniger nahe der heutigen böhmischen Grenze liegen.


 

Die Bezeichnung „versus Boemiam“ („gegen Böhmen zu“) war für diese Gegend noch bis ins 15. und 16. Jahrhundert üblich. Selbst das in dieser Region liegende Städtchen Waidhofen an der Thaya wird in Urkunden des 17. Jahrhunderts noch als „Böhmisch-Waidhofen“ bezeichnet. Beim Betrachten dieser Karte gewinnt aber auch eine alte Nürnberger Meistersinger-Tradition aus dem 16 Jahrhundert eine völlig neue Bedeutung, in der es nämlich bei der Beschreibung der Meistersinger unter anderem heißt:

  „der fünft her Walther hieß
 war ein Landherr aus Böhmen gewiß
 von der Vogelwaid war schön“
Johann Christoph Wagenseil, "Buch von der Meistersinger Holdseligen Kunst" (Aus De civitate Noribergensis commentatio, Altdorf 1697) hg. v. H. Brunner (= Litterae 38, Göppingen 1957) S. 506

Die Frage, woher denn ausgerechnet die Nürnberger Meistersinger dieses Wissen bezogen hätten, findet eine plausible Erklärung in der Tatsache, dass die Burggrafen von Raabs zugleich auch Burggrafen von Nürnberg waren. Nürnberg aber war bekanntlich schon früh eine Hochburg der Meistersinger, 1392 wird hier der bekannte Meistersinger Fritz Kettner genannt und einer ihrer berühmtesten, nämlich Hans Sachs, stammt ebenfalls aus Nürnberg, wo er 1494 geboren wurde.

Das bereits im Mittelalter verödete Dorf WALTHERS Nr. 3 liegt zwischen Allentsteig und der Bezirkshauptstadt Zwettl, mehrereWegweiser führen sowohl von Allentsteig und Bernschlag als auch von Hörmanns zur vermutlichen Heimat Walthers von der Vogelweide.

Am 29. 8. 1992 wurde mit Unterstützung der Stadtgemeinde Zwettl, des Waldviertel-Managements und der Bevölkerung im heute verödeten Dorf WALTHERS Nr.3, nahe Bernschlag bei Allentsteig ein Gedenkstein mit einer Inschriftentafel errichtet und feierlich der Öffentlichkeit übergeben.

Die Inschriftentafel weist darauf hin, dass sich hier im Mittelalter das Dorf WALTHERS mit einer großen Vogelweide befand und zitiert Walthers bekannten Ausspruch:

„In Österreich lernte ich singen und sagen“ (= Dichten und Sprechen).

1994 wurde der bereits in der Vogelweide befindliche Dorfbrunnen von WALTHERS Nr. 3 ausgegraben, nach mittelalterlichen Vorbildern wieder restauriert und am 10.September 1994 nach feierlicher Segnung der Öffentlichkeit übergeben.

Der Gemeindebrunnen des einstigen Dorfes WALTHERS Nr. 3 wurde nach mittelalterlichen Vorbildern aus Holz rekonstruiert. Geborgene Balkenreste und Keramik befinden sich heute im Stadtmuseum Zwettl.

Auf der linken Seite dieser ehemaligen Dorfstraße von WALTHERS Nr. 3 – heute mit Wald bewachsen – standen einst 10 Bauernhöfe. Auf der rechten Seite – heute Wiesen und Äcker – standen 11 Bauernhöfe, am Ende der Straße gab es zumindest noch 2 Hofstätten, auf denen vermutlich Handwerker oder Taglöhner lebten.

Auf den Wiesen und Äckern neben der Straße kann man heute noch zahlreiche mittelalterliche Keramikreste wie Spinnwirtel oder sogenannte Mundsäume finden.

Funde aus dem verödeten Dorf WALTHERS Nr. 3: mittelalterliche Hufeisen, Spinnwirtel, Nagel- und Messerreste sowie ein kleines Bronzeringlein. Ganz links eine Pfeilspitze und drei Bleikugeln zeugen von unruhigen Zeiten, die auch an diesem Dorf nicht spurlos vorbeigegangen sein dürften.

Bei regelmäßigen Suchgängen seit 1987 konnten auf den Äckern von WALTHERS Nr. 3 zahlreiche mittelalterliche Keramikscherben gesammelt werden – vom dünnwandigen Krüglein bis zum Vorratsgefäß mit vier Zentimeter Wandstärke.

Auf der heute dicht mit Wald bewachsenen Dorfseite gibt es nur noch einen spärlichen Rest einer vermutlichen ehemaligen Hausstelle.

Mitten im Wald befindet sich dieses kleine mit Holz ausgekleidete Brünnlein, vermutlich ebenfalls ein Überbleibsel einer ehemaligen Hausstelle des Dorfes.

Zwei Informationstafeln bieten in Wort und Bild dem interessierten Besucher nähere Details über das einstige mittelalterliche Dorf WALTHERS Nr.3 und seine Bewohner. 

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... und über das Gebiet rund um Walthers:
www.allentsteig.at
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